Innovative Baustoffe können zur Ressourceneffizienz am Bau wesentlich beitragen. Hierzu gehören einerseits Hightech-Baumaterialien oder smarte Baustoffe , die z.B. durch den Einsatz von Nanotechnologie zusätzliche Funktionen aufweisen oder ganz neue Materialeigenschaften aufweisen. Ebenso gehören dazu Baustoffe aus und mit nachwachsenden Rohstoffen für innovative Einsatzgebiete oder als innovative Kompositmaterialien.
Im folgenden werden ausgewählte Beispiele aus Forschung und Baupraxis dargestellt und regelmäßig ergänzt.
C³ – Carbon Concrete Composite
C³ – Carbon Concrete Composite, kurz: Carbonbeton, ist ein neuer Materialverbund von Carbon und Hochleistungsbeton. Seine Erforschung und Entwicklung soll einen immensen Innovationsschub im Bauwesen auslösen, das Bauen zukunftsfähig machen und einen Paradigmenwechsel im Bauwesen einläuten, so hoffen die Mitglieder des C³ – Partnernetzwerkes. Bis 2020 soll im Netzwerk nicht nur geforscht, sondern auch eine intersektorale Wertschöpfungskette aufgebaut werden. Zur Verzahnung von Baustoffforschung und zur Überführung in die Baupraxis haben sich Projektkonsortien, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Verbände im Partnernetzwerk Carbon Concrete Composite e. V. zusammengeschlossen.
Doch was ist das Geheimnis an Carbonbeton?
Stahlbeton als bewährter Baustoff hat viele Vorteile und zahlreiche Anwendungsfelder. Er hat aber auch einen großen Nachteil, die Stahlbewehrung korrodiert. Mit dem Ziel, künftig teure Instandhaltungsmaßnahmen zu vermeiden, forschte man an Bewehrung aus Natur- und Kunstfasern. Dabei erwies sich, dass Carbonfasern gegenüber Natur-, Textil- oder Glasfasern deutliche Vorteile aufweisen.
Und wie geht der Vergleich Carbon vs. Stahl aus?
Carbon nur ein Viertel so schwer, verfügt aber über eine fünf Mal höhere Tragfähigkeit. Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit gegenüber Stahl liegt also bei Faktor 20. Der Preis von Carbon liegt heute noch bei 15 Euro/ Kilogramm, der von Stahl nur bei einem Euro. Trotzdem ergibt sich schon ein kleiner ökonomischer Vorteil. Außerdem kann man Carbonmatten im Gegensatz zu Stahlmatten für die Betonbewehrung vollautomatisiert auf Textilmaschinen herstellen, ein Pluspunkt in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Zahlreiche Anwendungen bei der Verstärkung von Betonbauteilen aber auch im Neubau wurden bereits erfolgreich getestet.
Anwendungsbeispiele:
Neben dem Neubau von Brücken aus Carbonbeton-Fertigteilen ist vor allem die Verstärkung und Instandsetzung von Beton interessant. Der wichtigste Vorteil: Die aufzubringenden Schichten sind wesentlich dünner. Einige Beispiele finden Sie hier: https://www.bauen-neu-denken.de/referenzprojekte/

Im Hochbau werden extrem leichte und leistungsfähige Bauteile entwickelt, welche ökonomisch und ökologisch vorteilhaft sein und gleichzeitig alle Anforderungen der Bauphysik an eine Gebäudehülle erfüllen. Ein Beispiel sind die elf Zentimeter dicken Fassadenelemente als Sandwichkonstruktion aus zwei Textilbetonplatten (außen) und zwei Vakuumisolationspaneelen (innen) ist genau so dick wie ein Passivhausfenster und hat auch beim Wärmeschutz Passivhausqualität. Trotz des dünnen Bauteilquerschnitts konnten die auch Anforderungen der Brandschutzklasse A2 erfüllt werden und auch die gemessene Schalldämmung ist gut (Rw.R = 54 dB). Dabei ist das Fassadenelement mit 100 kg/m² erstaunlich leicht.
CUBE heißt das weltweit erste Versuchshaus aus Carbonbeton, welches 2019 in Dresden entsteht. Das Haus soll komplett aus Carbonbeton bestehen. In dessen Wänden sind Heizung, Beleuchtung und Photovoltaik direkt integriert. CUBE soll demonstrieren, dass ein Bauwerk aus Carbonbeton durchaus alltagstauglich ist, dass es Ökonomie und Ökologie perfekt verbindet. Hier gibt es erste Impressionen und mehr Informationen: https://www.unternehmen-region.de/de/besser-bauen-2199.html
Das Massenbilanz-Verfahren - Mehr Ressourceneffizienz für Dämmstoffe und Baukunststoffe?
Die BASF hat es erfunden, das neue Massenbilanz-Verfahren für chemische Produkte. Nun können die Kunden wählen, ob sie lieber konventionelle auf Basis fossiler Rohstoffe wie Erdöl hergestellte Produkte erwerben wollen oder solche aus nachwachsenden Rohstoffen wie Bio-Naphtha oder Biogas. Die Idee dafür kommt quasi von den Stromversorgern.
Letztendlich funktioniert das Massebilanzverfahren für nachwachsende Rohstoffe in chemischen Endprodukten nämlich genau wie Ökostrom. Der Verbraucher kann nicht sehen, ob er Öko-, fossilen oder gar Atomstrom aus seiner Steckdose entnimmt. Aber die Stromlieferanten garantieren, dass genau die Menge, die der „Ökostromkunde“ verbraucht, auch Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt worden ist. Ökostromkunden bezahlen hierfür gern einen Aufpreis.
Ebenso kann der Verbraucher auch nicht sehen, ob für ein chemisches Endprodukt Zwischenprodukte aus Erdöl, Erdgas oder Kohle oder solche aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt wurden. Ein Chemiker kann das übrigens auch nicht. Die Zertifikate des TÜV SÜD beweisen jedoch, dass die Massenbilanz ausgeglichen ist: Für einen bestimmte Anteil der eingesetzten Vorprodukte wurden nachwachsende Rohstoffe zur Herstellung verwendet. Diese sind nicht zwangsläufig im Endprodukt, welches sich in Qualität und Verarbeitbarkeit nicht von den gewohnten Produkten unterscheidet.
Mit dem Kauf der zertifizierten Produkte fördert der Verbraucher die Substitution fossiler Rohstoffe durch nachwachsende Rohstoffe. Mit dem Einsatz solcher Materialien verbessert sich auch die Ökobilanz der daraus hergestellten Waren. Das ist eine gute Idee, insbesondere dann, wenn die nachwachsenden Rohstoffe, wie im Deutschen Programm für Ressourceneffizienz (ProgRess II) verankert, Ergebnis einer nachhaltigen Bioökonomie sind.
Beim Thermoplast Polyamid gibt es für die nachhaltige massenbilanzierte Variante der BASF seit 2014 eine erste Anwendung in Serienproduktion. Bei Polyurethan (PU) war es ebenfalls durch Massenbilanzierung möglich nachhaltigere Produktvarianten auf den Markt zu bringen. Wichtige Komponenten (Polyol und Isocyanat) können aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden. Die Polyurethanprodukte werden nach den bewährten Verfahren hergestellt und behalten so ihre gewohnten Produkteigenschaften unabhängig davon, ob 25 oder 100 Prozent fossile Einsatzstoffe verwendet wurden. Eine Ausweitung des Ansatzes auf weitere Kunststoffe ist durchaus möglich.
Massenbilanzierung ist vielleicht auch eine gute Idee für die Bauwirtschaft. Schließlich werden zahlreiche Produkte der Erdölchemie zu Baustoffen verarbeitet. Mit Caparol hat nun ein erster Hersteller von Baustoffen die Idee der Massenbilanz aufgegriffen. Unter dem Label CapaGeo werden Innenfarben für Wand- und Deckenanstriche, wasserverdünnbarer PU-Lack sowie ein Holz-Öl für Holzbauteile angeboten, die mit zwischen 50 und 100 Prozent Anteil von nachwachsenden Rohstoffen bilanziert werden.
Auch bei Dämmstoffen oder Baukunststoffen könnte das Massenbilanzverfahren zu ressourcenschonenderen Herstellungsverfahren durch Einsatz nachwachsender Rohstoffe führen. Baustoffhersteller können sich hierbei vom TÜV SÜD beraten und die Produkte zertifizieren lassen.
Quellen und Lesetipps:
- CapaGeo lässt Farben nachwachsen
- BASF und TÜV Süd: Massenbilanzierungs-Verfahren entwickelt.
- Ressourcenschonung: Erstes Polyamid der BASF aus dem Massenbilanz-Verfahren im Serieneinsatz.
- D. Klein, S. Frietsch: Gleiche Produkteigenschaften – aber mit nachwachsenden Rohstoffen bei der Herstellung chemischer Produkte über den Massenbilanzansatz, in: FAPU Fachmagazin für die Polyurethanindustrie, 87. Ausgabe, Januar 2015, S. 3-5.
- Erneuerbare Rohstoffe - Von Fossil zu Erneuerbar: Zertifizierung von Produkten mit direkter Wirkung auf die Rohstoffwende.