Ressourceneffizienz bezieht sich immer auf den ganzen Lebenszyklus eines Produkts. Deshalb ist auch bei Bauwerken der Abriss und die Verwendung des Bauschutts mit zu bedenken. Untersuchungen haben ergeben, dass unser Gebäudebestand als Stofflager zur Verfügung steht. Durch Abriss und Baustoffrecycling wird aber auch langfristig nicht der Rohstoffbedarf des Neubaus zu decken sein, weder quantitativ noch qualitativ. Eine genaue Prognose bis 2060 erarbeitet gerade das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR).
Das bedeutet jedoch nicht, dass Baustoffrecycling keinen Sinn macht. Im Gegenteil, für bestimmte Baustoffe ist die Recyclingquote doch sehr hoch. Insbesondere metallische Baustoffe stammen in hohem Maße aus Recycling. Ebenso werden mineralische Baustoffe in relativ großem Umfang wiederverwertet.
Dass Betonrecycling funktionieren kann und warum damit ein Beitrag zum Schutz von Natur und Umwelt geleistet wird, zeigt Ihnen diese Videos:
- Das ifeu- Insitut für Energie- und Umweltforschung hat gemeinsam mit der Fachgruppe Bauliches Recycling der BTU Cottbus die Verwendung von RC-Beton untersucht.
In Ludwigshafen wurde ein sechsstöckiges Gebäude aus diesem recyceltem Beton errichtet, das sogar mit dem deutschen Bauherrenpreis ausgezeichnet wurde. Hier geht es zum Video. - Jeden Tag werden in Deutschland in Kiesgruben und Steinbrüchen knapp vier Hektar abgetragen. Jahr für Jahr das Gebiet einer deutschen Kleinstadt mit über zehntausend Einwohnern. Kies und Schotter werden dringend für die Betonherstellung benötigt - ohne diese Zusatzstoffe kein Beton. Neue Verfahren ermöglichen nun auch Beton aus dem Abriss so aufzubereiten, dass er nicht nur als Füllstoff oder als Unterbaumaterial im Straßenbau verwendet werden kann, sondern auch zur Betonherstellung verwendet werden kann. Der Anteil der bisher nach einem Abriss verwendeten Baustoffe könnte so weiter erhöht werden. Hier geht es zum Video.
Wärmedämmverbundsysteme (WDV-Systeme) sind nicht nur unter Architekten und bei Fürsprechern einer hohen Baukultur sehr umstritten. Auch wenn es um Ressourceneffizienz geht, geraten diese seit Jahrzehnten zur energetischen Sanierung eingesetzten Bauprodukte immer wieder in die Kritik. Macht es wirklich Sinn, die Hauswände „mit Erdöl zu bekleben“, um ein bisschen Heizöl zu sparen? Und wie sieht es mit der Verwertung aus? Hier lesen mehr über WDV-Systeme im Baustoffkreislauf.
Sehr spannend sind Versuche, den Denkansatz von Cradle to Cradle auf die Bauwirtschaft zu übertragen. Cradle to Cradle fordert auch im Bauwesen konsequentes Umdenken. Doch wenn man genauer hinschaut, wird an vielen Stellen bereits richtig gedacht, an manchen Stellen sogar schon umgesetzt. Die jahrzehntelange Nachhaltigkeitsdebatte, Gütesiegel und Zertifizierungssysteme aber auch die Grundsätze guter Architektur und Stadtplanung bieten bereits viele Ansätze. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass an erster Stelle steht, die gebaute Umwelt tatsächlich dauerhaft nutzbar zu gestalten. Schon immer hatten Bauherren und Architekten das Ziel für die Ewigkeit zu bauen Gute Lage und gute Architektur die nachhaltige und flexible Nutzung und abfallarme Instandhaltung, Umbau und Sanierung ermöglichen, sind für eine lange Nutzungsdauer essentiell und damit auch ressourceneffizient. Da darf es dann vielleicht in der Bauphase auch erstmal ein bisschen mehr Material für mehr Qualität und Dauerhaftigkeit. Erst dann kommt das Thema Recyclierbarkeit von Baustoffen, das allerdings ebenfalls bereits in der Planungsphase, eigentlich bereits in der Projekteentwicklung berücksichtigt werden muss. Kritiker monieren, dass das Cradle-to-cradle Prinzip in der Praxis nur schwer anwendbar ist. Und tatsächlich scheint eine „flächendeckende“ Umsetzung, nach der jeder Gebrauchsgegenstand, jedes Transportmittel und jedes Gebäude nicht nur nutzenbringend angefertigt wird, sondern auch nach Ablauf seines Verwendungszweckes wiederverwertet werden kann, noch äußerst unrealistisch. Dennoch gibt es einige Beispiele, die zeigen, wie ein Anfang gemacht werden kann:
- Rücknahmekonzept für alle Baustoffe: Ein niederländischer Projektentwickler hat C2C bei der Entwicklung eines Gewerbegebietes in der Nähe von Amsterdam bereits angewendet. Er fragte zu Beginn seines Vorhabens potenzielle Lieferanten, wie viel es ihnen wert ist, ihre Rohstoffe nach der Nutzungsdauer zurückzunehmen. Nur wer ein Rücknahmekonzept anbieten konnte, kam in die nächste Runde. Um die Faktoren der späteren Umsetzung bereits in die Planung zu integrieren, arbeitet der Projektentwickler übrigens mit Building Information Modeling (BIM). Ein angenehmer Nebeneffekt für den Projektentwickler waren die außergewöhnlich guten Preise, die beim Verkauf der Flächen erzielt wurden. Ressourceneffizient kann durchaus wirtschaftlich sein. [Der niederländische Projektentwickler Delta Development stellte seinen C2C-Park 20I20, ein 80.000 Quadratmeter umfassendes C2CGewerbegebiet auf dem ersten Cradle-to-Cradle-(C2C)-Forum von Drees & Sommer am 03. April 2014 in Stuttgart vor.]
Fenster werden „vermietet“: Die österreichische Firma Thoma Holz hat eine Holzmarke geschaffen, bei deren Verarbeitung keine chemischen Hilfsstoffe verwendet werden. Kommt derartiges Material also beim Hausbau, zum Beispiel bei der Fensterherstellung zum Einsatz, können die Fenster nach Ablauf ihrer Lebenszeit wieder in die Proidukton von Holzbauelementen zurückgeführt werden. Erst nach zwei bis drei Bauholzzyklen sind die Bretter schließlich gesprungen oder zu sehr abgenutzt.Dann kann das Holz noch für Holzverpackungen oder Paletten verwendet werden. Später wird das Material zerhackt und die Hackschnitzel kommen in die Papierfabrik.Mehr zum eindrucksvollen Nachhaltigkeiteskonzept des Unternehmens finden Sie hier: https://www.thoma.at/rohstoffquelle-mehrfachnutzung
Ein weltweit agierender Hersteller für Bodenbeläge und Deckenplatten bietet seit einiger Zeit auch Bauherren in Deutschland kostenneutrales Recycling alter Deckenverkleidung an. Das Unternehmen holt das Altmaterial ab und nutzt das aufbereitete Recyclingmaterial zum Produzieren von neuen Mineraldeckenplatten. Das Grundmaterial von Mineraldeckenplatten eignet sich im Regelfall hervorragend zum Recyceln. Die neuen Deckenplatten des Unternehmens enthalten zunehmend mehr Recyclingmaterial, weil immer mehr Altmaterial zurückkommt. Angenommen wird Altmaterial aller Hersteller, wenn es gewisse Bedingungen erfüllt. Um die hohe Qualität der neuen Deckenplatten zu gewährleisten wird ausschließlich sauberes, unkontaminiertes Altmaterial auf Basis von Hartmineral-, Glas- und Steinwolle angenommen, welches nicht vor dem 1. Januar 2000 produziert worden sein darf. Bauherren sparen die Entsorgungskosten für das Altmaterial und tragen mit ihrer Entscheidung zum Klimaschutz, zur Energieeinsparung und zur Entlastung der entlasten unsere Deponien bei. Zusätzlich bringt das Verfahren Punkte in den international gängigen Nachhaltigkeitszertifizierungen wie LEED oder BREEAM. Ausführliche Informationen zu diesem Beispiel finden Sie hier.
Kreislaufwirtschaft Bau: Die deutsche Bauwirtschaft hat im Rahmen einer Selbstverpflichtung zischen 1995 und 2005 bereits den Nachweis erbracht, dass rund 90% der jährlich anfallenden mineralischen Bauabfälle umweltverträglich wiederverwertet werden können, In diesem Zeitraum fielen pro Jahr durchschnittlich 80 Mio. t Bauschutt, Straßenaushub und Baustellenabfälle an. Hinzu kamen rund 140 Mio. t Bodenaushub. Seither werden regelmäßig Monitoring-Berichte auf www.kreislaufwirtschaft-bau.de veröffentlicht. Der letzte Monitoring-Bericht stammt aus dem Jahr 2010 und beweist, dass noch immer weniger als 10% Bauschutt, Straßenaushub und Baustellenabfälle auf Deponien entsorgt werden.
Eine wichtige rechtliche Grundlage für das Baustoffrecycling stellt das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) dar. Es regelt den Umgang mit Abfällen aller Art. Es basiert auf einer strikten Zielhierarchie, die Abfallvermeidung priorisiert. Es folgen die Vorbereitung der (gefahrlosen) Wiederverwendung, die stoffliche Verwertung, die anderweitige (z.B. energetische) Verwertung und die Abfallbeseitigung. Vor einer stofflichen Verwertung muss sichergestellt werden, dass hiervon keine Gefahren für die Umwelt ausgehen.
Hierauf zielt auch die Mantelverordnung Grundwasser/Ersatzbaustoffe/Bodenschutz. Mit Artikel 2 (Ersatzbaustoffverordnung) werden die Umweltanforderungen an die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung mineralischer Ersatzbaustoffe in technischen Bauwerken normiert. Die seit Jahren diskutierte Novelle, die mit einer Verschärfung der Grenzwerte einhergehen soll, stößt jedoch auf den Widerstand der Bauwirtschaft. Bodenaushub würde zu entsorgungspflichtigem Abfall, wenn er nicht wieder auf der gleichen Baustelle eingebaut würde. Dies würde die Entsorgungskosten der Bauunternehmen in die Höhe treiben und die Wiederverwertungsquote sehr verschlechtern. Die ZDB-Broschüre „Kreislaufwirtschaft Bau“ stellt das Spannungsfeld aus Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit anhand zahlreicher Beispiele dar. Sie zeigt die Bedeutung der Bau- und Abbruchabfälle für die Kreislaufwirtschaft auf und beschreibt die notwendigen Rahmenbedingungen, die erforderlich sind, damit die Kreislaufwirtschaft funktioniert. Mit einer Verwertungsquote von 95,5 Prozent bei den körnigen Fraktionen, für die die EU-Abfallrahmenrichtlinie zukünftig eine mindestens 70-prozentige Verwertung fordert, erfüllt die Kreislaufwirtschaft Bau in Deutschland bereits heute deutlich ambitioniertere Ziele.
An diesem Beispiel ist ersichtlich, dass man bei der umweltpolitischen Regelungen häufig mit Zielkonflikten zu kämpfen hat. An dieser Stelle ist abzuwägen, ob der besser Schutz des Grundwassers vor Auswaschungen aus Bodenaushub und Baustoffabfällen die größere Bedrohung unserer Umwelt darstellt, als der Verbrauch an Deponiefläche und der zusätzliche Abbau mineralischer Baustoffe. Nicht zuletzt sind auch hier die Belange der Bauwirtschaft und das Ziel der Bundesregierung, für kostengünstiges Bauen zu sorgen, mit abzuwägen.